Nun ist die Zeit in Namibia auch schon um, es war eine tolle Erfahrung und das Land, von dem wir natürlich viel zu wenig gesehen haben, hinterlässt einen ambivalenten Eindruck bei mir. Die Natur ist ungeheuer vielfältig und teilweise überwältigend, dazu gehören Landschaften, Pflanzen und Tierwelt. Die touristische Infrastruktur ist sehr gut ausgebaut, die Leute sind freundlich und hilfsbereit (wie immer gibt es auch hier Ausnahmen). Sozial gesehen ist es ebenfalls überwältigend, aber nicht schön. So saßen wir gestern abend in einer sehr kolonial-edel wirkenden Lodge zum Essen (nicht zum Übernachten!), neben uns schwadronierten deutsche Pensionäre über ihre riesigen Wohnmobile, mit denen sie monatelang Afrika bereisen. Dabei beschwerten sie sich über schlechte Straßen und hohe Eintrittspreise in die Naturparks. Das Alles vor dem Hintergrund eines Landes, in dem ein nennenswerter Teil der Bevölkerung in spontan angelegt wirkenden Siedlungen in winzigen Blechhütten lebt, in denen es kein Wasser aus der Leitung und in vielen Fällen keinen Strom gibt. Auf der anderen Seite bestimmen in den wohlhabenden Stadtteilen riesige Mauern mit Spitzen oder Stacheldraht obendrauf, mit denen die Menschen ihre Häuser gegen die Armen schützen (müssen), das Stadtbild. In Windhoek hat in den letzten Tagen eine Konferenz zum Thema Umverteilung, insb. des Grund- und Bodenbesitzes stattgefunden. Bei der Ansprache des Präsidenten sagte er, dass Namibia auch die Heimat der Nachkommen der Besatzer ist, die soziale Ungleichheit aber nicht hingenommen werden kann. Selbst die Zeitung der Deutsch-Namibier konstatiert, dass alle Weißen massiv von der Apartheid unter südafrikanischer Besatzung profitiert haben. Einer „ersatzlosen Enteignung“ steht diese Blatt natürlich kritisch gegenüber, diese scheint aber durchaus eine Option zu sein, um mehr Gerechtigkeit herzustellen. Soweit die furchtbar oberflächliche und stümperhafte Analyse der sozialen Situation dieses spannenden Landes.
Nach einem sechsstündigen Flug bin ich nun in Addis Abeba angekommen, mit einer Stunde Verspätung, jeder Menge Chaos bei der Einreise und leider zunächst ohne meinen Koffer … morgen um 6.00 Uhr geht es gleich weiter nach Gondar, das heißt, dorthin muss auch der Koffer den Weg finden, ich bin sehr vorsichtig optimistisch. Zum Glück habe ich einen üppig ausgestatteten Rucksack dabei, mit Zahnbürste, Schminkzeug etc. Und die Reisegruppe (bestehend aus zwei weiteren Herren aus der Schweiz, noch älter als ich) treffe ich heute auch noch nicht, sondern erst morgen in Gondar. Dann gibt es hoffentlich auch wieder Fotos! Und was zu Essen!