Heute haben wir etwas getan, was ich als protestantische Spaßbremse bis vor Kurzem als dekadent und gradezu frivol bezeichnet hätte, weil mein Über-Ich der Meinung war, alles Schöne im Leben müsse hart erarbeitet sein: Wir sind zu viert (inkl. Guide) mit jeweils einem Quad in die Wüstenausläufer bei Swakopmund gefahren, zwei Stunden lang und es war geil! Wenn auch nicht ganz so einfach wie es aussieht, Katha hat sich schlapp darüber gelacht, dass ich bergauf einmal stecken geblieben bin. Es gelang mir nicht, den Guide davon zu überzeugen, dass es an der Maschine lag, da es ihm ohne weiteres gelang, das Teil den Berg hinauf zu fahren …
Obwohl Elektrofahrzeuge sicher zeitgemäßer wären, ist es nebenbei eine tolle Art, in die Wüste hinein zu kommen und so viele Alternativen gibt es auch nicht. Ein Fahrrad ist jedenfalls keine, Jeeps wären auch nicht passend und die armen Kamele sind nicht mal wirklich im Süden von Afrika beheimatet, sondern aus der Sahara importiert.
Landschaftlich war es faszinierend, so nah am Atlantik durch eine riesige Dünen- bzw. Wüstenlandschaft zu fahren, ein Grund für mich, Namibia bereisen zu wollen.
Nachmittags waren wir noch in Walvisbay, ein kleiner Urlaubsort ca. 30 km von Swakopmund entfernt. Die Straße dorthin verläuft direkt am Atlantik entlang, auf der anderen Seite sind die Wüstenausläufer, das ist einzigartig. Der Ort an sich ist furchtbar, völlig zersiedelt, mit gigantischen Siedlungen mitten in der Wüste und schrecklichen Mauern um alle Grundstücke herum, aber unsere Sicht der Dinge ist europäisch geprägt … wir haben doch noch eine sehr nette, wenn auch winzige Waterfront gefunden und dort war es schön.
Am Abend ist, nach mehreren, zunehmend schärfer werdenden Telefonaten und mit zwei Tagen und 90-minütiger Verspätung dann auch unser eigentlich reserviertes Mietauto eingetroffen, der arme Fahrer brachte es tatsächlich aus Windhoek zu unserem Hotel in Swakopmund und erzählte wilde Geschichten, die die Verspätung begründen sollten. Katha und ich entschieden am Ende, dass unsere Mietwagen-Probleme bzw. das Jammern darüber auf verdammt hohen Niveau stattfinden, haben uns beruhigt und waren noch lustig in einem Bistro Abendessen. Dort waren außer uns nur sog. Namibia-Deutsche, die sich in ihrer Muttersprache allerdings nicht besonders sicher fühlten, so konnten wir einige Formulierungshilfen für die Beschriftung von Plakaten für das geplante Oktoberfest beisteuern. Hier in Swakopmund, wie sicher auch in anderen Landesteilen, stellen die Nachfahren der Deutschen aus der Kolonialzeit einen nennenswerten Bevölkerungsanteil dar und kontrollieren anscheinend einen nicht geringen Teil der touristischen Infrastruktur. Sie sprechen sowohl Deutsch als auch Afrikaans und Englisch und sind Teil des namibischen Vielvölkerstaates, allerdings durch die Besatzungszeit und insb. die Zeit der Apartheid sicher deutlich gegenüber vielen anderen Bevölkerungsgruppen privilegiert. Prototypisch dürfte die Situation in unserer (sehr schönen) Unterkunft sein, hier sind alle Managerposten von Deutschen besetzt, die Zimmermädchen, Securityleute etc. hingegen entstammen indigenen Bevölkerungsgruppen. Die Gäste kommen zum großen Teil auch aus Deutschland. Es fühlt sich eigenartig an, so weit entfernt von zu Hause in einer Enklave des Deutschtums zu sein.